Kultur

Lettland wird kulturell vor allem nordeuropäisch beeinflusst. Viele Altstädte sind hanseatisch geprägt. Auch die aktuelle lettische Kultur pflegt intensive und vielfältige Beziehungen zu Schweden, Finnland und insbesondere zum norddeutschen Kulturraum.

Latvijas Institūts

1992 gründete die lettische Regierung u,a. zur Förderung der Kultur das Latvijas Institūts. Es verbreitet allgemeines Wissen über Lettland und organisiert dazu auch Anlässe im In- und Ausland. Seit März 2012 untersteht das Institut dem Aussenministerium. Die Berichte des Instituts in Lettisch und Englisch verfügbar.

Volksmusik
Lettland ist besonders bekannt für seine Folklore und Volksmusik. Volkslieder sind in Lettland lebendige Tradition: Heute gibt es um die 150 singende Folkloregruppen. Das Sängerfest in Riga, das alle vier Jahre stattfindet, ist das größte Forum, das die singende Tradition einem zahlreichen Publikum präsentiert. An diesem riesigen Sängerfest singen jeweils mehrere tausend lettische, exil-lettische und internationale Chöre. Eindrücke dazu unter Publikationen.

Gesungen wird und wurde aber nicht nur an Festen. Die Sowjetmacht verbot das Singen von nationalistischen Liedern, zum Beispiel die Hymnen der baltischen Staaten und drohte mit harten Strafen: Von der Kündigung der Arbeitsstelle bis zur Deportation nach Sibirien.
Doch während der Perestroika, 1988–1991, sangen jeweils Hunderttausende in friedlichen Demonstrationen auf öffentlichen Plätzen und in Stadien gegen die sowjetische Okkupation und Annexion. Insbesondere sangen die Letten ihre traditionelle Volkslieder, die Dainas, die von der gemeinsamen kulturellen Vergangenheit zeugten und das Volk ideell und emotional einigten.

Diese eindrückliche und friedliche Protestbewegung wurde als «Singende Revolution» bekannt.

Literatur
Lettland hat eine jahrhundertealte mündliche Tradition (Dainas). Vom Mittelalter bis ins spätere 19. Jahrhundert dominierte die deutsche Schriftsprache Bildung, Wissenschaft und zum Teil auch die Verwaltung. Erst das Erwachen eines nationalen Bewusstseins und Unabhängigkeitsbestrebungen führten letztlich zu einer nationalen Schriftsprache. Evangelische deutschstämmige Pastoren aus Livland hatten sich schon länger für eine lettische Schriftsprache eingesetzt, die die Dialektgrenze überwindet.

Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts entfernte sich ein Teil der lettischen Intelligenz von den nationalromantischen Ideen und wandte sich dem Marxismus zu. Diese Bewegung bezeichnete man als Neue Strömung. Sie war stark vom Sozialismus beeinflusst, tendiert zur Kritik am Deutschbaltentum und lehnte die Verklärung des lettischen Mittelalters ab. Ein wichtiger Vertreter dieser Strömung war der Dichter Eduard Veidenbaum (1867-1892). Die sozialdemokratische Feministin Aspazija (Elza Pliekšāne geb. Rozenberga, 1865-1943) lag in ihrer Lyrik und ihren Theaterstücken stilistisch zwischen Neuer Strömung und Neuromantik. Aspazijas Ehemann Jānis Rainis (auch Jānis Pliekšāns, 1865-1929) gilt neben dem Dramatiker und Erzähler Rūdolfs Blaumanis (1863-1908), als wichtigster Schriftsteller Lettlands.

Tipps zu Bücher und Lettischer Lyrik finden Sie zudem unter Publikationen.

Dainas
Eine interessante lettische Spezialität sind Dainas, kurze,  nicht gereimte Gedichte. Sie sind für die lettische Kultur und das ethnische Bewusstsein der Letten wichtig, weil sie einen Einblick in die baltische Mythologie und Sprachgeschichte geben. Schon Johann Gottfried Herder sammelte während seines Riga-Aufenthalts von 1764 bis 1769 einige Dainas und veröffentlichte sie 1778/79. Ansonsten blieb es bei der mündlichen Überlieferung, bis Krišjānis Barons  Ende des 19. Jahrhunderts mit der Niederschrift von Dainas begann. Sein speziell für die Gedichte gefertigter Daina-Schrank (Dainu skapis)  in Riga gilt heute als eine Art Nationalheiligtum.

Die spätere Präsidentin Lettlands Vaira Vīķe-Freiberga schrieb 1975 im Journal of Baltic Studies:
„Es muss bemerkt werden, dass für den Letten die Dainas mehr bedeuten, als nur eine literarische Tradition. Sie sind für ihn die Verkörperung des von Vorvätern überlieferten kulturellen Erbes, denen die Geschichte greifbarere Ausdrucksformen verweigerte. Diese Lieder bilden die Grundlage der lettischen Identität und Singen wird zu einer identifizierbaren Eigenschaft eines Letten.“

Ausführliche Informationen in einem Essay von Māra Zālīte „Die Daina – das lettische Volkslied“.