8. Juli 2019: Neuer Lettischer Präsident erwähnt die Schweiz als Vorbild

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Am 8. Juli 2019 legte Egils Levits als neuer Präsident der Republik Lettland seinen Eid ab. Egils Levits ist Gast und Redner an Anlässen der Gesellschaft Schweiz-Lettland gewesen, vor etwa zwanzig Jahren und erst wieder 2018 zum hundertjährigen Jubiläum der Republik Lettland.

Vereidigung von Präsident Egils Levits am 8. Juli 2019 (Foto: Präsidialamt president.lv)

In seiner Antrittsrede erwähnte Egils Levits die Schweizer Verfassung als ein Vorbild für Lettland:

Das Schweizervolk und die Kantone, … gewiss, dass frei nur ist, wer seine Freiheit gebraucht, und dass die Stärke des Volkes sich misst am Wohl der Schwachen, … geben sich folgende Verfassung (usw.).

Er sprach als eine der grössten Herausforderung seiner Regierungszeit die Bekämpfung der Ungleichheit in Lettland an. Lettland steht gemessen am Gini-Koeffizienten für Ungleichheit unter 11 Staaten Ost- und Zentraleuropas an viertletzter Stelle. Grösser war die Ungleichheit gemäss Weltbank in Rumänien, Bulgarien und Litauen. Unter 19 Ländern der Euro-Zone stand Lettland 2016 an vierzehnter Stelle, weit hinter den drei am wenigsten ungleichen Gesellschaften Slowenien, Slowakei und Finnland, aber immerhin noch knapp vor Italien und Griechenland.

Das Zitat aus der Schweizer Verfassung stammt aus der im Jahr 2000 revidierten Präambel, die sich in diesem Punkt an einen Gedanken anlehnt, der sich beim amerikanischen politischen Philosophen und Gerechtigkeitstheoretiker John Rawls findet und der oft in folgender Formulierung zitiert wird: „Eine Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied“.

Für uns Mitglieder der Gesellschaft Schweiz-Lettland ist die Erwähnung der Schweizer Verfassung wie ein kleines Augenzwinkern des neuen Präsidenten, der sich scheinbar gut erinnert an seinen Auftritt an unserer Veranstaltung „Gründung der lettischen Republik 1918, deren Wiederherstellung 1990 und zur Zukunftssicherung der Staatsgrundlagen von 2014 aus verfassungspolitischer Sicht“. Den Vortrag hielt Levits am 27. April 2018 an der Universität Zürich nach einer Einführung von Rechtsprofessor Prof. Dr. Andreas Kley. Die Veranstaltung fand in Zusammenarbeit mit dem Europainstitut der Universität Zürich statt.

Wer der Vereidigung von Präsident Egils Levits diesen 8. Juli 2019 beigewohnt hat, kam – trotz Schweizer Bezug – nicht umhin, die grossen Unterschiede zwischen der Republik Lettland und dem Bundesstaat Schweiz v.a. im politischen Zeremoniell und symbolischen Stellenwert der Amtsträger zu bemerken. Die Medien waren weitgehend mit dem zeremoniellen und symbolischen Wert dieser Veranstaltung befasst, was zumindest insofern nicht erstaunt, als der Präsident eine weitgehend repräsentative Bedeutung hat. So darf er etwa in einer Villa am Meeresstrand in Jurmala Einsitz nehmen. Im Unterschied dazu ist der höchste Schweizer, die höchste Schweizerin in der Eidgenosschenschaft der Präsident oder die Präsidentin der Bundesversammlung. Die meisten Bürgerinnen und Bürger der Schweiz kennen deren Namen nicht.

Die grosse Symbolik des Präsidentenamtes erklärt vielleicht, wieso lettische Medien unendlich darüber stritten, ob Levits recht hatte, auf seiner Gästeliste die Ehepartnerinnen und Ehepartner der Ehrengäste nicht zu führen. Diese Anhängsel waren damit erstmals nicht eingeladen.

Egils Levits musste einen langen Eid ablesen, in dem er irrtümlich ein Wort für „Bewusstsein“ als „Gewissen“ ablas, was sehr ähnlich klang. Die strenge Präsidentin der Saeima Mūrniece brachte den Präsidenten aber dazu, den etwa halbminütigen Schwur nochmals zu lesen. (Link).

In der Schweiz limitiert sich die Vereidigung der Exekutivmitglieder (des Bundesrats) auf drei Wörter: „Ich schwöre es“. Die Ordnung sieht aber vor, dass diejenige, die das nicht bei Gott tun wollen, auch ohne Erheben der Schwurfinger können, mit den Worten „Ich gelobe es“. Dies führte erstmalig bei der Vereidigung der Bundesrätin Ruth Dreifuss und einer ihrer Nachfolgerinnen Simonetta Sommaruga zu entsprechenden Medienmeldungen auch in der Schweiz.

Die Gesellschaft Schweiz-Lettland hofft sehr, den neuen Präsidenten bald wieder in der Schweiz zu wissen und ermutigt unsere Regierung, sich um die Beziehung mit den baltischen Staaten aktiv zu bemühen.

Mit der Frage der Erneuerung der Kohäsionszahlungen des Bundes an osteuropäische Länder steht 2019 im Zusammenhang des Brexits und der Verhandlungen eines Rahmenabkommens ein grosser und wichtiger Brocken auf dem Tisch.

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Gruss in lettischer Sprache :

2018. gada 27. aprīlis Cīrihes universitātē: Toreiz Levita kungs uzstājās ar runu par Latvijas Satversmes rašanos, Latvijas valsts attīstību, kā arī šodienu („Entstehung, Wiedereinführung und Erneuerung der lettischen Verfassung“). Atbildēja uz auditorijā uzdotajiem jautājumiem. Šveices vizītē Levita kungu pavadīja arī Levitas kundze. Kas zina, varbūt tieši saistībā ar šo vizīti prezidenta kungs dziļāk izpētīja Šveices jauno (2000. gada) konstitūciju, kuras vārdus citēja savā pirmajā uzrunā Saeimā š.g. 8. jūlijā: „Tautas stiprums tiek mērīts ar to, kā klājas tās vājākajiem locekļiem.“

Tādējādi mums, Šveices – Latvijas biedrības pārstāvjiem, piešķirts liels gods par netiešu iesaistīšanos aktuālos procesos.

Prezidenta kungs! Sirsnīgi sveicieni no Šveices ar spēka, izturības un veiksmes novēlējumiem. Levitas kundze! Izdošanos visos darbos! Daudz pacietības!

Valsts prezidents Egils Levits pirmajā darba vizītē dosies uz Igauniju.

Sveicieni no pagātnes, sveicieni tagadnē un nākotnē!

Patiesā cieņā,

Biedrības Šveice-Latvija valdes locekļi

Egila Levita runa latviešu valodā Link.